Sonntag, 8. März 2015

Von Wilderei hinter der Chorschranke

Ein stolzer Schütz­
in seinen schönsten Jahren
Wenn hierzukirch sonntags zur Kommunion geblasen wird, nachdem Geläut der brauchbaren und wohlabgerichteten Meute verklungen ist, nimmt ein jeder mit heilsamer Munition wohlversorgt seine Stelle ein: in der Mitte schreitet auf der Evangelienseite der Herr Pfarrer als Förster und Jagdpächter würdig die Strecke an der Kommunionbank ab, und auch die wackeren Jagdgäste und unentbehrlichen Jagdgehilfen, bei uns liebevoll „außerordentliche Spender der heiligen Kommunion“ genannt, gehen auf ihre Plätze, fein wie sich's gebührt: einer wartet mittig an der Epistel, zwei weitere bestreichen getreulich die Schneisen bei den Seitenaltären: hart vor den dort aufgestellten Kniebänken nehmen sie ihren Ansitz und weichen nicht vom Fleck, auf daß kein Unbefugter vor dem Abblasen das Gestühl erklimme.

So liebevoll hegt und pflegt der Pächter Wild und Forst in der Waidgerechtigkeit seines Jagdherrn, so ergiebig ist stets die Strecke, jeder erlegt das Wild im Überfluß, man bricht zerwirkliches Wildbret in Fülle. Wie lustig und schön könnte die sonntägliche Jagd im Büchsenlicht sein! Doch was, wenn sich der Neid unter den Gehilfen regt? Teilt nicht der Förster eigensüchtig sich stets selbst die besten Stellen im Revier zu? Hat nicht er selbst deswegen stets das größte Jagdglück? Andern Anstand soll er nehmen, damit auch seine Getreuen einmal zum Schuß kommen!

Freundlich und großzügig fügt sich der genügsame Förster dem Wunsch seiner Gehilfen, er gibt den angestammten Platz auf, der ihm zusteht, und jagt fernab der altbekannten Malbäume. Die Gehilfen aber treten geradeswegs an die fetteste Weide, Gewehr im Anschlag.

Doch was ist das? Nicht der Lieblingsort ist es, zu dem das Wild immer wieder zurückkehrt, nicht die alten Wechsel und Pfade treten die Tierlein aus wie seit je, sondern dem Jagdpächter, ihrem liebevollen Förster, folgen sie. Wie einstmals dem Sankt Franziskus folgt aus der ganzen beseelten Schöpfung, was kann, seinem Locken.

Der schmucke Förster zieht das Stand- und Wechselwild: vor allen verlassen die scheuen Häslein ihre Sasse und krümmen sich vor ihm, dann tritt der stolze Hirsch zu ihm hervor, das Reh verhofft in seiner Nähe, der schwarze Keiler senkt vor ihm sein Gewaffen, die ungestümen Überläufer kennen ihn gut, und auch der mürrische Grimbart schlieft aus seinem Bau zu ihm; der Schwarm der zwitschernden Vöglein des Himmels läßt sich, wenn er einmal da ist, zu ihm nieder, und selbst die noch nicht jagdbaren kleinen Fischlein des Wassers kommen, gelockt von seiner labenden Kirrung, zu ihm, und der gerechte Jäger schont sie, wie es ihrem Alter nach altem Recht zukommt.

Und die armen Gehilfen sind zu Treibern degradiert und gehen am Ende wieder beinahe leer aus. Doch wenn sie sich das nicht bieten lassen? Wo er auch steht, der feine Herr, werden sie ihm folgen und ihm die schönsten Trophäen vor der Nase wegknallen! Ha!

Und so kommt es dann, daß die ungetreuen Schützen, sobald sie alles weggeputzt haben von dieser Erd, was sich an kläglichen Resten in ihr Schußfeld verirrt hat, stürmen sie brauchtumswidrig zu den fetten Pfründen des Försters, brechen ein in sein Revier und schießen, was sie treffen können. Nicht von der waidgerechten Hand des Jägers fallen nun Hirsch, Fuchs und Keiler auf der verwirrten Lichtung, nicht geschont werden Kitz und Frischling und die Brünftigen zu ihrer Schonzeit; sei's Büchse, sei's Flinte, sei's Petz oder Häsin: die Wilderer schießen mit allem auf alles, sie vergrämen Wolf wie Wachtel. Nicht mehr wittert das Wild den tüchtigen Jäger des Herrn, dem es nach dem Gesetz von Natur und Menschen gehört. Überall im Wald verhitzt und verludert das Aas, der Trophäen beraubt, doch nicht nach Waidmannssitte aufgebrochen. Der Bestand dezimiert sich, und der wohlgehegte Forst verwildert.

Wohl dem Jäger, der nach Kräften sein Recht wahrt, und wohl seiner Hege!

Halali!

3 Kommentare:

  1. Die Metaphorik deucht mich höchst ergötzlich! Wo hast Du dir denn das Jägerlatein angeeignet? Und wird das auch in natura gepflegt?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank! Irgendwas muß ja hängenbleiben, wenn einer quasi im Wald aufwächst. Außerdem ist mein Schwesterlein Jägerin und Forststudentin -- ich selbst jage aber nicht, und einem echten Jäger wird wahrscheinlich sofort auffallen, wie unbeholfen ich dieses Register adaptiert habe.

      Löschen
    2. Wald? Ihr habt doch nur Hauberge!

      Löschen